BGH Urt. Vom 23.09.2019 – IV ZR 247/18

Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 25.09.2019 – IV ZR 247/18 einer, – von der Versicherung gewünschten – Vertragsanpassung bei einer Berufsunfähigkeitsversicherung, eine Absage erteilt, da dem Versicherungsnehmer keine Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht vorzuwerfen war.

Wie so häufig hatte die Versicherung dem Versicherungsnehmer vorgeworfen, im Versicherungsantrag bei den Gesundheitsfragen unrichtige Angaben gemacht zu haben. Konkret ging es darum, dass der Versicherungsnehmer aufgrund eines Unfalls eine Wadenbeinfraktur erlitten hatte, wegen der er fünf Tage stationär behandelt worden und ca. drei Monate krankgeschrieben war.

In den Gesundheitsfragen war eine Frage nach Unfällen wie folgt: „Unfälle/n (unerheblich sind einfache, folgenlos verheilte Knochenbrüche ohne Gelenkbeteiligung)“. Diese Frage war verneint worden. Später, als es zum Eintritt eines Versicherungsfalles kam, hat die Versicherung bei der Überprüfung der Gesundheitsfragen, von dem Unfall Kenntnis erlangt und wollte sämtliche Ansprüche wegen Berufsunfähigkeit vom Versicherungsschutz ausschließen, deren Ursache die Unfallverletzung am linken Außenknöchel des Fußes oder nachgewiesene Folgen dieses Leidens, bilden.

Der BGH hat eine Vertragsanpassung gem. § 19 Abs. 4 VVG abgelehnt, weil der Versicherungsnehmer seine vorvertragliche Anzeigeobliegenheit objektiv nicht verletzt hat.

Gemäß dem BGH setzt die Verletzung der vorvertraglichen Anzeigeobliegenheit stets voraus, dass der Versicherungsnehmer Kenntnis von den erfragten Umständen oder Tatsachen hat, = sog. positive Kenntnis. Fehlt die Kenntnis, läuft die Anzeigenobliegenheit ins Leere.
In dem entschiedenen Fall hatte der Versicherungsnehmer keine Kenntnis, da er stets geltend gemacht hat, dass ihm bei Antragstellung eine Gelenkbeteiligung der erlittenen Wadenbeinfraktur nicht bekannt gewesen sei, weshalb die Gesundheitsfrage entsprechend seinem damaligen Kenntnisstand mit nein beantwortet wurde.

Gemäß BGH verletzt ein Versicherungsnehmer seine Anzeigepflicht auch nicht, wenn er bei Antragstellung einen Umstand nicht angibt, der ihm aufgrund von Fahrlässigkeit unbekannt geblieben ist. Fahrlässige Unkenntnis vermag die fehlende positive Kenntnis eines anzeigepflichtigen Umstandes nicht zu ersetzen.
Es ist auch nicht maßgeblich, ob sich die vom Hausarzt vermittelten Informationen im Nachhinein als objektiv unzutreffend, jedenfalls aber als unvollständig, erwiesen haben. Das Recht der Versicherung zur Vertragsanpassung knüpft nicht lediglich an die objektive Sachlage an, sondern setzt die Kenntnis des Versicherungsnehmers von dem jeweils anzeigepflichtigen Umstand voraus.

Dies ist eine wichtige Entscheidung für die Versicherungsnehmer, da der BGH klargestellt hat, dass dem Versicherungsnehmer keine Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht vorgeworfen werden kann, wenn ihm der erfragte Umstand bei der Antragstellung nicht bekannt war. Das gilt selbst dann, wenn die Unkenntnis des Versicherungsnehmers auf Fahrlässigkeit beruht.