BGH Urteil vom 16.12.2020 – Az: IV ZR 294/19

Mit Urteil vom 16.12.2020 – Az IV ZR 294/19 hat der Bundesgerichtshof (BGH) eine wichtige Entscheidung zur Anpassung der Prämie in der privaten Krankenversicherung getroffen.

Gemäß § 203 Abs. 2 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) kann der Versicherer während der Vertragslaufzeit die Prämie neu festsetzen. Hierfür hat der Versicherer gem. § 203 Abs. 5 VVG dem Versicherungsnehmer die maßgeblichen Gründe für die Prämienerhöhung mitzuteilen.

Der BGH hat nunmehr entschieden welche Angaben für eine ordnungsgemäße Mitteilung der maßgeblichen Gründe erforderlich sind.

Eine ordnungsgemäße Mitteilung erfordert nach BGH die Angabe welche Rechtsgrundlage der Prämienkalkulation die Neufestsetzung der Prämie veranlasst hat. Der Versicherer muss daher mitteilen, ob eine Veränderung der kalkulierten Versicherungsleistungen oder eine Veränderung der Sterbewahrscheinlichkeiten die geregelten Schwellenwerte überschreitet.

Nicht angeben muss der Versicherer die konkrete Höhe der Veränderung dieser Rechnungsgrundlagen, da, sobald der Schwellenwert überschritten wird, die Prämienanpassung ausgelöst wird und es nicht darauf ankommt, in welchem Umfang der Schwellenwert überschritten wird.

Ebenso müssen Veränderungen weiterer Faktoren, welche die Prämienhöhe beeinflusst haben und die Kalkulationsgrundlagen nicht angegeben werden, da die Mitteilungspflicht gem. § 203 Abs. 5 VVG nicht den Zweck hat, dem Versicherungsnehmer eine Plausibilitätskontrolle zu ermöglichen.

Mitteilungen zur Prämienanpassung, die lediglich in allgemein gehaltener Form über die jährliche Durchführung der Prämienüberprüfung informieren, ohne das konkrete Ergebnis der Überprüfung anzugeben, sind nicht ausreichend. Der Versicherungsnehmer muss aus dem Umstand, dass eine Prämienanpassung erfolgt ist nicht den Schluss ziehen, dass die beschriebenen gesetzlichen Voraussetzungen einer Prämienerhöhung eingetreten sind.

Genügt die Mitteilung der Versicherung zur Prämienanpassung nicht den Mindestanforderungen, die der BGH nunmehr klargestellt hat, ist die Prämienerhöhung unwirksam.

Ist die Prämienerhöhung nicht wirksam können die Erhöhungsbeträge die gezahlt wurden, zurück gefordert werden und sind gemäß dem BGH in voller Höhe zurück zu gewähren. Eine Kürzung für genossenen Versicherungsschutz kommt nicht in Betracht.

Zu beachten ist jedoch, dass die ordnungsgemäße Mitteilung der maßgeblichen Gründe nachgeholt und das Versäumnis für die Zukunft geheilt werden kann. Dies kann sogar noch im Klageverfahren über die Rückzahlung der Prämienerhöhungsbeträge erfolgen.

Mit der ordnungsgemäßen Mitteilung der maßgeblichen Gründe wird die gesetzlich angeordnete Frist in Lauf gesetzt , sodass die Neufestsetzung der Prämie dann zu Beginn des zweiten Monats nach der Mitteilung wirksam wird.

Die Entscheidung des BGH gibt klare Vorgaben anhand derer Versicherungsnehmer*innen überprüfen können, ob die Prämienerhöhung wirksam ist. Wenn das nicht der Fall ist, können die Erhöhungsbeträge zurückgefordert werden, gegebenenfalls bis zu 3 Jahre rückwirkend.

Wir raten daher allen Versicherungsnehmer*innen in der privaten Krankenversicherung die Mitteilung ihrer Krankenversicherung zur Prämienerhöhung auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen oder überprüfen zu lassen.